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Normale Version: Das "andere" Rollenspiel
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Sehr schön, Markus! Freut mich, dass der neue Regelansatz Anklang findet. Halt mich auf dem laufenden. Smile

Zum Machtkampf in der FDP sammel ich Informationen in einem eigenen Thread im Tanelorn: http://tanelorn.net/index.php/topic,79550.0.html
Da kommt eine Menge zusammen.
In diesem Thread werde ich es nicht weiter kommentieren, ist hier sowieso reichlich offtopic.
Das Konzept der Sattelfestigkeit kann ich jetzt konkretisieren und an eine Regelumsetzung heranführen.

Sattelfestigkeit bedeutet, dass die Arbeitsleistung den Erwartungen an die Rangposition entspricht. Von einem General erwartet man gewonnene Schlachten, von einem Koch schmackhaftes Essen, von einem Lehrer, dass er Schülern etwas beibringt. Jede gesellschaftliche Rolle kann mit einem ganzen Bündel von Erwartungen verbunden werden. Es besteht keine Notwendigkeit, das näher auszuführen. Die Intuition reicht aus, um im konkreten Fall zu erkennen, ob eine Handlung den Erwartungen der Position entspricht oder nicht. Wenn heutzutage beispielsweise ein Lehrer einen Schüler verprügelt, sind die Erwartungen an seine Position schwer gebrochen. Vor fünfzig Jahren wäre es noch ok gewesen.

Die erreichte Position hat man nun so lange recht sicher, wie man den Erwartungen an diese Position einigermaßen gerecht wird. Man muss sich schon einigermaße schwere Vergehen zur schulden kommen lassen, um eine Absetzung zu provozieren. Will mich jemand aus der Position verdrängen, muss er mich zu Fehlern provozieren oder sonstwie den berechtigten Eindruck erwecken, dass ich den Erwartungen meines Postens nicht gerecht werde.

Machen wir eine simple Skala:

5 - Viel besser als der Posten verlangt
4 - Besser als der Posten verlangt
3 - Den Erwartungen an den Posten entsprechend
2 - Unter den Erwartungen
1 - Schwerer Erwartungsbruch

Nehmen wir die zugeordnete Zahl einfach als Bonus auf den entscheidenden Wurf des Machtwechsels. Erinnern wir uns daran, dass taktische und strategische Vorbereitungen sich gut auszahlen sollen, der Zufallsfaktor also klein ist (z.B. ein W3). Unter diesen Bedingungen ist jeder abgetragene Punkt Sattelfestigkeit enorm wichtig. Man kann es auch positiv sehen: für den Rangträger ist es wichtig, den Erwartungen an seinen Posten zu entsprechen.

Wie die Skala am Ende aussieht, ist sicher noch überarbeitungsbedürftig. Vorstellbar wäre auch sowas:

5 - Viel besser als der Posten verlangt
4 - Besser als der Posten verlangt
3 - Den Erwartungen an den Posten entsprechend
1 - Unter den Erwartungen
-2 - Schwerer Erwartungsbruch

Diesem Beispiel liegt eine nichtlineare Bewertung zugrunde. Den Erwartungen zu entsprechen bringt bereits eine gute Rangstabilität mit sich. Besser als erwartet zu sein bringt einen kleinen Bonus. Schlechter als erwartet zu sein bringt einen starken Malus, der mit der Schwere des Erwartungsbruchs zunimmt. Das scheint durchaus realistisch zu sein. Mit Bestrafung sind wir schneller bei der Hand als mit Belohnung.
Eine Maßnahme im Konkurrenzkampf und in der Intrige besteht darin, Fakten zu schaffen.

Die Erkenntnis ist aus der FDP-Analyse geboren. Rösler hat nach der Niedersachsen-Wahl schnell Fakten geschaffen und Brüderle damit überrumpelt. So hat Rösler den Parteivorsitz behalten können.

Ich konstruiere ein konkretes Beispiel im Fantasy-Setting. Der Hauptmann der Stadtwache plant am Folgetag eine große Suchaktion nach einer Räubebande im benachbarten Wald. Von den Plänen hat er niemanden unterrichtet. Sein Feldwebel, der mit den Räubern unter einer Decke steckt, hat jedoch vom Plan Wind bekommen. Spät Abends holt er die Gefreiten aus den Betten und verordnet einen Nachtmarsch zwecks körperlicher Ertüchtigung. Der Hauptmann pennt in seinem Privathaus und bekommt das nicht mit. Der Feldwebel scheucht die Gefreiten auf und marschiert mit ihnen die ganze Nacht durch Wald und Wiesen. Morgens bringt er sie zurück und erstattet dem verdutzten Hauptmann stolz Bericht, dass er unter großem persönlichem Einsatz die Mannschaft fit und leistungsfähig hält. Das Vorhaben des Hauptmanns ist untergraben, im Grunde schon gescheitert. Seine Männer sind völlig erschöpft und ohne Schlaf, eine Räuberhatz unter diesen Bedingungen ist praktisch unmöglich.

Der Feldwebel hat einen Fakt geschaffen - den Nachtmarsch. Damit hat er die Pläne des Vorgesetzten durchkreuzt. Das Interessante ist dabei, dass er die Pläne nicht bloß durchkreuzt hat, sondern dabei sich selbst aus der Schusslinie raus hält. Der Hauptmann ärgert sich sicher maßlos, aber was kann er dem Feldwebel vorwerfen? Wenn er sich zu lautstark beschwert, kann der Feldwebel bei der nächsthöheren Instanz - z.B. dem Baron - Beschwerde einreichen, dass der Hauptmann wohl etwas gegen die Ertüchtigung seiner Truppe hat und den Feldwebel für die Ausübung dieser Aufgabe fertig macht. Der Hauptmann kann _direkt_ nichts machen.

Man kann also auch in unterlegenem Rang handlungswirksam gegen obere Ränge sein. UND man kann dabei schuldlos bleiben. Wie geht das?

Für den Selbstschutz gibt es Bedingungen:
- der geschaffene Fakt entspricht den Vollmachten des eigenen Ranges
- der geschaffene Fakt steht im Einklang mit den Erwartungen an den eigenen Rang
- der geschaffene Fakt steht nicht im Widerspruch zu einem direkten Befehl

Der Feldwebel hat die Gefreiten trainiert. Das entspricht seinen Vollmachten - er muss nicht jede Trainingseinheit absegnen lassen. Die Durchführung des Marsches und der Nachtmarsch als Trainingsinhalt entsprechen den Erwartungen in einer militärischen Organisation. Theoretisch hätte der Feldwebel die Gefreiten auch ins Bordell führen können, zwecks Beckenboden- und Gesäßmuskeltraining. Das hätte gegen die Erwartungen verstößt. Und schließlich ist auch der dritte Punkt erfüllt. Der Marsch stand nicht im Widerspruch mit einem Befehl. Hätte der Hauptmann die Suchaktion des Folgetags angekündigt, wäre der Nachtmarsch klar als rechtswidrig zu werten, weil er mit seiner Wirkung das befohlene Vorhaben verhindert. Dem war aber nicht so, der Feldwebel hatte rein formal keine Kenntnis über die besonderen Pläne des Folgetages.

Das Schaffen von Fakten kommt in Machtkämpfen immer und überall vor. Im bereits erwähnten Politthriller "Konigspatience" gibt es ja die beiden potentiellen Nachfolger für den verstorbenen Parteichef. Nachfolger 1 hat die etwas besseren Karten, weil durch seinen Rang eher als Nachfolger prädestiniert. Nachfolger 1 versucht daher, eine Personaldebatte zu verhindern, denn ohne Debatte kommt er zum Zuge. Nachfolger 2 hat zwar die etwas schlechtere Ausgangslage, schafft aber Fakten, indem er eine interne Krisensitzung einberuft und als ersten Tagesordnungspunkt die Nachfolgedebatte setzt. Damit entfacht er die Debatte, die Nachfolger 1 vermeiden wollte.

Jede Handlung kann ein Fakt sein. Fakten schaffen bedeutet aktiv zu werden. Von Interesse sind natürlich nur solche Fakten, die relevant für den Machtkampf sind. Der Feldwebel hätte auch allein ins Bordell gehen können, das wäre ein geschaffener Fakt. Auf das Vorhaben des Hauptmanns hätte es aber keinen Einfluss.

Einen wichtigen Punkt gibt es noch: Schnelligkeit. Man ist nicht der einzige Schlaue, der Fakten schaffen will. Die Konkurrenz bedient sich auch dieses Mittels. Wer die Fakten als erster schafft, hat den Vorteil. Der Feldwebel musste seinen Fakt (Nachtmarsch) vor dem Fakt des Hauptmannes (Räubersuche) setzen. Nur mit Schnelligkeit konnte er etwas bewirken.
Das hört sich alles sehr nachvollziehbar an.
Ich weiß nur nicht, wie sich das noch in vernünftige Regeln packen lässt.
Mir riecht das, wenn man alles in diesem Detailgrad aufnehmen will, nach einem Regelmonster. Aber warum nicht, es gibt immerhin noch kein wirklich komplexes Rollenspiel auf dem Sachgebiet.

Wobei mich der Begriff Sattelfestigkeit etwas stört. Ich würde das einfach Kompetenz nennen.
Sattelfestigkeit bezieht sich in meinem Wortverständnis auch noch auf andere Dinge, die der Stellung Stärke verleihen (z.B. Beziehungen).
Ja, im Moment sieht es nach einem Regelmonster aus. Warum auch nicht. Sehr gut vorstellbar ist aber auch ein Entschlackungsprozess, wenn das Puzzle erstmal fertiggelegt und das Bild komplett ist. Erstentwicklungen sind immer wahnsinnig klobig im Vergleich zu dem, was einige Entwicklungsstufen später daraus wird.

Was mir im Moment am meisten fehlt und wozu ich mir schon einige Gedanken gemacht habe, ist ein Strukturgenerator. Alle oben vorgestellten sozialen Regeln setzen nämlich soziale Strukturen voraus, in denen die Regeln dann wirken können. Gemeint sind Beziehungsnetzwerke (auf verschiedenen Ebenen und ineinander greifend), relevante Ressourcen und anderes. Ohne diese Strukturen funktioniert es nicht, und es ist unmöglich, diese Aufgabe ohne weitere Hilfen dem Spielleiter anzuvertrauen. Wir brauchen noch eine Regelmaschine, die uns Strukturen entwirft, oder zumindest zu entwerfen hilft.
Schließt dein Spiel nicht ein, dass diese Strukturen im Spielverlauf geschaffen werden (ohne dass welche da sind)?
Das Spiel muss ja auch funktionieren, wenn eine neue Gesellschaft sich zusammenfindet.

Oder zielt die Frage darauf ab, welche Werte überhaupt da sein müssen, um dein Spiel zu ermöglichen?
Im Spiel können neue Strukturen geschaffen werden (z.B. indem man eine neue Organisation gründet oder neue Ressourcen erschließt), sowie bestehende Strukturen genutzt und verändert werden.

Mit anderen Worten geht es darum, eine Spielwelt anzubieten, deren Strukturen auf die Regeln abgestimmt sind und eine Plattform für die Regelanwendungen bieten.

Das kann aber nicht im Detail geschehen, ein zweites Aventurien habe ich nicht vor... Ein paar kleine Ausschnitte der Welt können detailliert ausgearbeitet werden, damit die Spieler gleich loslegen können. Darüber hinaus braucht es ein Tool, mit dessen Anwendung man die Strukturen auf den weißen Flecken der Landkarte "eröffnet". Besagtes Tool ist der gleiche Strukturgenerator, mit dem wir schon die Ausschnitte der Welt vorbereiten.

Die Frage, welche Werte überhaupt reingehören, gehört natürlich auch hier rein. Je nach Setting sind andere Ressourcen von Bedeutung. Der Strukturgenerator kann mit verschiedenen Werten und Parametern gefüttert werden und spuckt eine entsprechend andere Welt aus.
Deine Antwort überrascht mich etwas, weil ich den Eindruck habe, dass du ein völlig krasses Konzept im Kopf hast. Hast du mal ein paar Beispiele für Recourcen?
Ressourcen wurden schon ganz am Anfang mal besprochen. Armee, Geld, Erzmine, Wald, Untergebene, aber auch Beziehungen, Rang usw.

Und ja, ich habe ein völlig krasses Konzept im Kopf...Wink
Ich frage mich, wie man diese völlig unterschiedlichen Recourcen ordnen soll, dass da jemand durchblickt.

Gibt es für die Recourcen schon Kategorien? Oder eine Art Matrix, mit der sie in verschiedenen Eigenschaften klassifiziert bzw. evaluiert werden können?
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