10.01.2013, 15:29
Als nächstes Modul möchte ich "Machtwechsel" vorstellen, ein Teilregelsystem für Soziales und womöglich als Kernsystem geeignet. Die Gedanken dazu mussten längere Zeit reifen, theoretische Grundlagen werden hier und hier im Tanelorn dargelegt. Kürzestzusammenfassung: Regeln sind spielbestimmend, wenn sie a) das Ergebnis der Probe anhand konkreter Werte abbilden (und nicht bloß festlegen, ob geschafft oder nicht; ob x oder y gewinnt); b) wenn das Regelsystem so konstruiert ist, dass das Ergebnis eines Konfliktes nicht mit einem Wurf entschieden wird, sondern eine Reihe von Würfen notwendig werden, bis das endgültige Ergebnis fest steht und der Konflikt entschieden ist. Kampfregeln demonstrieren wie es geht: Lebenspunkte sind der konkrete Wert, an dem Probenergebnisse abgebildet werden; der Lebenspunkte sind so viele, dass mehrere Runden notwendig sind, bis der Sieger des Kampfes fest steht.
Wenn soziale Regeln tragfähig und im Spiel dominierend sein sollen, müssen sie sich diese Grundprinzipien aneignen. Eine 1:1 Übertragung der Kampfregeln (wie etwa bei Fate) kommt aber nicht in Frage, weil Kampfregeln mit vernichtenden Strategien operieren, während Soziales auch venichtende Strategien kennt, aber keinesfalls nur durch diese - oder auch nur hauptsächlich durch diese - charakterisiert wird.
"Machtwechsel" soll sozialen Aufstieg und Fall regeln. Beim Machtwechsel wird eine Person ihres Ranges enthoben und eine neue Person bekommt den Posten. Das soll nicht mit einem Wurf entschieden sein, sondern eine Reihe von Proben benötigen. Was bei Kampfregeln die Lebenspunkte sind, soll bei Machtwechsel Sattelfestigkeit sein. Der Gegensatz davon ist Untragbarkeit. Eine Skala soll das abbilden, über Null ist der Bereich der Sattelfestigkeit, unter Null im negativen Bereich die Untragbarkeit.
Wir kennen das aus dem Leben. Wer eine Position erreicht, hat sie erst einmal. Nehmen wir einen Politiker, der Generalsekretär geworden ist. Da wird man ihn nicht einfach los. Eine Position bringt per se eine ganz gute Sattelfestigkeit mit. Verstärkt wird das durch Beliebtheit, gute Kontakte und andere Faktoren. Wenn ich selber Generalsekretär werden will, muss ich dafür sorgen, dass der jetzige Generalsekretär in seinem Amt untragbar wird und ich muss mich zusätzlich selbst als geeigneter Nachfolgekandidat in Position bringen. Untragbarkeit kann durch verschiedene Dinge hergestellt werden:
- Äußerungen / Handlungen des Betroffenen widersprechen den Normen/Werten/Regeln seiner Position (No-Gos)
- Unterstützung der Partner, insbesondere der Vorgesetzten, geht verloren (Isolation)
- Miserable Arbeit, die den Anforderungen des Postens nicht gerecht wird
- Allgemeiner Verlust des öffentlichen Ansehens (wer z.B. heutzutage als Pädophiler entlarvt wird, kann von jedem beliebigen Posten geschubst werden)
- Misskredit bei den Vorgesetzten (nicht zu verwechseln mit miserabler Arbeit!); bringt man den Betroffenen dazu, Dinge zu tun, die sein Chef nicht gern sieht, leidet die Sattelfestigkeit
Es gibt Punkte für Untragbarkeit. Sagen wir jeweils einen Punkt für jeden oben genannten Aspekt. Als Multiplikator wirkt die Aufmerksamkeit. Je mehr Leute davon erfahren, desto größer ist die Untragbarkeit. Ist die schlechte Arbeitsleistung beispielsweise nur im engsten Umfeld bekannt, gilt der Faktor 1, weiss die gesamte Organisation davon, gilt Faktor 2, weiss die Öffentlichkeit außerhalb der Organisation davon, gilt Faktor 3, und wenn die Öffentlichkeit sogar rege darüber debattiert, gilt sogar Faktor 4.
Die Untragbarkeit von Konkurrenten stelle ich als Spieler konkret so her, dass ich Informationen über seine Schwachstellen sammle, diese Informationen verbreite (Multiplikator!); indem ich Fallen stelle, z.B. ein junges Mädchen losschicke, mit der Zielperson Sex zu haben und anschließend dafür sorge, dass es publik wird. Ich kann auf die Vorgesetzten der Zielperson einwirken. Wenn mein Vater der Chef des Gegners ist, kann ich dem Vater so einiges diffamierendes erzählen, was er im Zweifel mir eher glauben wird als dem anderen. An dieser Stelle wird die Beziehungsstärke relevant.
Sobald man sich stark genug fühlt, kann man einen Show-Down auslösen, den alles entscheidenden Wurf. Sattelfestigkeit (Punkte im positiven Bereich der Skala) gilt als Bonus für den Postenträger, Untragbarkeit (Punkte im negativen Bereich der Skala) sind sein Malus. Bonus oder Malus fließen in den Angriff auf seine Position ein. Der Zufallsfaktor beim Show-Down soll gering sein. Die mühsamen strategischen und taktischen Vorbereitungen sollen sich kräftig auszahlen. Wer sicher gehen will, kann die Untragbarkeit unter einen kritischen Wert drücken, wo sich die Situation von selbst löst. Ein Vorgesetzter kann sich das Debakel nicht weiter ansehen und feuert die Zielperson, oder die Zielperson ist selbst so zermürbt, dass sie den Hut zieht. Solange man die Zielperson nicht total fertig gemacht hat, muss der letzte Halt aber auch noch gebrochen werden.
Welche Manöver kommen für den Show-Down in Frage?
- Bedrohung oder Erpressung des Betroffenen -> Erzwungener eigener Rücktritt.
- Bedrohung oder Erpressung des Vorgesetzten -> Kündigung durch Vorgesetzten (Beispiel: man hat so viele brisante Informationen über die Machenschaften der Zielperson gesammelt, dass der Vorgesetzte lieber die Zielperson abschießt, statt den Skandal ausbrechen zu lassen)
- Handel mit dem Betroffenen -> Gegenleistung für den Rücktritt
- Handel mit dem Vorgesetzten -> Gegenleistung für den Rauswurf
- Öffentlicher Rücktrittsaufruf -> Reaktion der Verantwortlichen erzwingen (man kann z.B. mit einem Mob von Dorfbewohnern vor der Kirche skandieren und lautstark die Absetzung des Pfarrers einfordern)
Soweit das Vorgehen, um jemanden vom Posten zu schubsen. Daraus erklärt sich natürlich noch nicht, warum ausgerechnet ich den frei gewordenen Posten erhalten soll. In der Regel stehen ja mehrere Willige zur Übernahme bereit. Darüber entscheiden die Vorgesetzten, die ihre Wahl nach bestimmten Kriterien ausrichten. Wie loyal ist der Kandidat, wie hörig, wie gut, wie erpresbar, wie eng ist er mit dem Vorgesetzten verbandelt (Vitamin B) usw. Das ist im Detail noch auszuarbeiten, und für die Spieler und ihre Charaktere gilt dann natürlich, sich so zu präsentieren und aufzustellen, dass man den Kriterien der Entscheider bestmöglich genügt, während die Mitbewerber unter Umständen in ein schlechtes Licht gerückt werden.
Soweit das Rohkonzept. Da ist noch sehr viel Arbeit bis zur Spielbarkeit zu leisten, aber die Grundidee sollte schon durchschimmern. Freue mich wie immer über Kommentare.
Wenn soziale Regeln tragfähig und im Spiel dominierend sein sollen, müssen sie sich diese Grundprinzipien aneignen. Eine 1:1 Übertragung der Kampfregeln (wie etwa bei Fate) kommt aber nicht in Frage, weil Kampfregeln mit vernichtenden Strategien operieren, während Soziales auch venichtende Strategien kennt, aber keinesfalls nur durch diese - oder auch nur hauptsächlich durch diese - charakterisiert wird.
"Machtwechsel" soll sozialen Aufstieg und Fall regeln. Beim Machtwechsel wird eine Person ihres Ranges enthoben und eine neue Person bekommt den Posten. Das soll nicht mit einem Wurf entschieden sein, sondern eine Reihe von Proben benötigen. Was bei Kampfregeln die Lebenspunkte sind, soll bei Machtwechsel Sattelfestigkeit sein. Der Gegensatz davon ist Untragbarkeit. Eine Skala soll das abbilden, über Null ist der Bereich der Sattelfestigkeit, unter Null im negativen Bereich die Untragbarkeit.
Wir kennen das aus dem Leben. Wer eine Position erreicht, hat sie erst einmal. Nehmen wir einen Politiker, der Generalsekretär geworden ist. Da wird man ihn nicht einfach los. Eine Position bringt per se eine ganz gute Sattelfestigkeit mit. Verstärkt wird das durch Beliebtheit, gute Kontakte und andere Faktoren. Wenn ich selber Generalsekretär werden will, muss ich dafür sorgen, dass der jetzige Generalsekretär in seinem Amt untragbar wird und ich muss mich zusätzlich selbst als geeigneter Nachfolgekandidat in Position bringen. Untragbarkeit kann durch verschiedene Dinge hergestellt werden:
- Äußerungen / Handlungen des Betroffenen widersprechen den Normen/Werten/Regeln seiner Position (No-Gos)
- Unterstützung der Partner, insbesondere der Vorgesetzten, geht verloren (Isolation)
- Miserable Arbeit, die den Anforderungen des Postens nicht gerecht wird
- Allgemeiner Verlust des öffentlichen Ansehens (wer z.B. heutzutage als Pädophiler entlarvt wird, kann von jedem beliebigen Posten geschubst werden)
- Misskredit bei den Vorgesetzten (nicht zu verwechseln mit miserabler Arbeit!); bringt man den Betroffenen dazu, Dinge zu tun, die sein Chef nicht gern sieht, leidet die Sattelfestigkeit
Es gibt Punkte für Untragbarkeit. Sagen wir jeweils einen Punkt für jeden oben genannten Aspekt. Als Multiplikator wirkt die Aufmerksamkeit. Je mehr Leute davon erfahren, desto größer ist die Untragbarkeit. Ist die schlechte Arbeitsleistung beispielsweise nur im engsten Umfeld bekannt, gilt der Faktor 1, weiss die gesamte Organisation davon, gilt Faktor 2, weiss die Öffentlichkeit außerhalb der Organisation davon, gilt Faktor 3, und wenn die Öffentlichkeit sogar rege darüber debattiert, gilt sogar Faktor 4.
Die Untragbarkeit von Konkurrenten stelle ich als Spieler konkret so her, dass ich Informationen über seine Schwachstellen sammle, diese Informationen verbreite (Multiplikator!); indem ich Fallen stelle, z.B. ein junges Mädchen losschicke, mit der Zielperson Sex zu haben und anschließend dafür sorge, dass es publik wird. Ich kann auf die Vorgesetzten der Zielperson einwirken. Wenn mein Vater der Chef des Gegners ist, kann ich dem Vater so einiges diffamierendes erzählen, was er im Zweifel mir eher glauben wird als dem anderen. An dieser Stelle wird die Beziehungsstärke relevant.
Sobald man sich stark genug fühlt, kann man einen Show-Down auslösen, den alles entscheidenden Wurf. Sattelfestigkeit (Punkte im positiven Bereich der Skala) gilt als Bonus für den Postenträger, Untragbarkeit (Punkte im negativen Bereich der Skala) sind sein Malus. Bonus oder Malus fließen in den Angriff auf seine Position ein. Der Zufallsfaktor beim Show-Down soll gering sein. Die mühsamen strategischen und taktischen Vorbereitungen sollen sich kräftig auszahlen. Wer sicher gehen will, kann die Untragbarkeit unter einen kritischen Wert drücken, wo sich die Situation von selbst löst. Ein Vorgesetzter kann sich das Debakel nicht weiter ansehen und feuert die Zielperson, oder die Zielperson ist selbst so zermürbt, dass sie den Hut zieht. Solange man die Zielperson nicht total fertig gemacht hat, muss der letzte Halt aber auch noch gebrochen werden.
Welche Manöver kommen für den Show-Down in Frage?
- Bedrohung oder Erpressung des Betroffenen -> Erzwungener eigener Rücktritt.
- Bedrohung oder Erpressung des Vorgesetzten -> Kündigung durch Vorgesetzten (Beispiel: man hat so viele brisante Informationen über die Machenschaften der Zielperson gesammelt, dass der Vorgesetzte lieber die Zielperson abschießt, statt den Skandal ausbrechen zu lassen)
- Handel mit dem Betroffenen -> Gegenleistung für den Rücktritt
- Handel mit dem Vorgesetzten -> Gegenleistung für den Rauswurf
- Öffentlicher Rücktrittsaufruf -> Reaktion der Verantwortlichen erzwingen (man kann z.B. mit einem Mob von Dorfbewohnern vor der Kirche skandieren und lautstark die Absetzung des Pfarrers einfordern)
Soweit das Vorgehen, um jemanden vom Posten zu schubsen. Daraus erklärt sich natürlich noch nicht, warum ausgerechnet ich den frei gewordenen Posten erhalten soll. In der Regel stehen ja mehrere Willige zur Übernahme bereit. Darüber entscheiden die Vorgesetzten, die ihre Wahl nach bestimmten Kriterien ausrichten. Wie loyal ist der Kandidat, wie hörig, wie gut, wie erpresbar, wie eng ist er mit dem Vorgesetzten verbandelt (Vitamin B) usw. Das ist im Detail noch auszuarbeiten, und für die Spieler und ihre Charaktere gilt dann natürlich, sich so zu präsentieren und aufzustellen, dass man den Kriterien der Entscheider bestmöglich genügt, während die Mitbewerber unter Umständen in ein schlechtes Licht gerückt werden.
Soweit das Rohkonzept. Da ist noch sehr viel Arbeit bis zur Spielbarkeit zu leisten, aber die Grundidee sollte schon durchschimmern. Freue mich wie immer über Kommentare.