25.08.2022, 12:17
#405:
Das wird jetzt etwas länger, aber ich glaube es lohnt sich für das Verständnis der tieferen Spielprinzipien...
Es gibt bei der Sache zwei Dinge: Erstens die harten Spielregeln und zweitens die weichen Ereignistexte und ihre Interpretation.
Die Spielregeln sind möglichst logisch und unmissverständlich formuliert, deshalb haben sie auch mehr den Charakter unverrückbarer Gesetze, an die man sich halten muss, solange der Text eines Ereignisses dem nicht ganz konkret widerspricht. Regeln gelten generell, es sei denn sie werden im Rahmen eines Ereignisses durch eine Ausnahme außer kraft gesetzt.
In dem Fall hier begrenzt die 50er-Grenze also auf jeden Fall deine Aktionen im Wald. Wenn du es bis dahin nicht schaffst, musst du die Sache mit der Großmutter wohl oder übel begraben, denn das Ereignis erlaubt dir nicht, länger Ereignisse zu würfeln. Du darfst zwar auch nach 50 im Wald umherziehen, aber da du keine Ereignisse mehr auswürfeln darfst, wirst du die Großmutter logischerweise nicht erwürfeln können.
Der Ereignistext ist nicht ganz so beamtenmäßig formuliert und daher oft interpretationsfähig. Und das ist auch Absicht. UltraQuest soll die Spieler zwar führen aber dennoch ein klein wenig in die Richtung Geschichtenerzählen schubsen. Du musst den Text lesen, verstehen (bzw. interpretieren) und dann entsprechend reagieren. Dabei ist die Interpretation ein Vorgang, der nicht nur in deinem Kopf stattfindet, sondern auch den anderen Spielern, die am Tisch sitzen, klar gemacht werden muss. Du musst den anderen erklären, wie das für dich ablaufen könnte und diese Sache sollte so plausibel ein, dass die anderen dem auch folgen können. Wenn die anderen der Meinung sind, dass sich deine Interpretation nicht plausibel anhört (ihnen also nicht gefällt), dann muss man die Geschichte eben anpassen, bis alle (oder zumindest die meisten) die dabei sind, es plausibel finden. Das gemeinsame Spiel ist mehr oder weniger ein bisschen ein Einigungsprozess aller Anwesenden.
Ich versuche bei der Interpretation der Geschichte tendenziell eher zum Nachteil meiner eigenen Gruppe zu handeln, schon alleine deshalb, weil ich dann nicht den Eindruck eines ungerechtfertigten Erfolges habe und weil ich weiß, dass mehr Schwierigkeiten generell besser bei anderen ankommen.
Ich persönlich hätte jetzt also gesagt, Rotkäppchen verlässt den Wald nicht, schon alleine deshalb, weil sie ein braves Mädchen ist, und ihre Mutter ihr aufgetragen hat, die Großmutter zu besuchen! Für sie ist die Großmutter am wichtigsten und deshalb bleibt sie sicher im Wald. D.h. du verlierst Rotkäppchen, sobald du aus dem Wald rausgehst.
Außerdem hätte ich gesagt, dass bei 50 Ehre! in jedem Fall Schluss ist, Rotkäppchen hin oder her.
Aber das ist bei mir so. So funktioniert dein Spiel ja nicht. Du bist derjenige, der dein Spiel spielt – und die Leute, die mit dir am Tisch sitzen.
Du könntest z.B., wenn es dich für eine Runde woanders hin verschlägt, sagen, dass Rotkäppchen euch begleitet, weil das angesichts der Monster, die ihr letzte Runde besiegt habt, viel sicherer ist. Du könntest z.B. auch erzählen, dass Rotkäppchen zum festen Teil deiner Gruppe geworden ist, bis ihr die Großmutter gefunden habt, weil deine Elfenwaldläuferin sie unter ihre Fittiche genommen hat etc.
Du könntest auch auf den Ereignistext verweisen, dass du so lange im Wald bleiben und Ereignisse würfeln darfst, bis du die Großmutter gewürfelt hast (also auch über 50 Ehre!), weil es eben so im Text steht (bis die Großmutter gefunden wurde und nicht bis 50 Ehre!).
Das Spiel bietet dir Möglichkeiten, dich erzählerisch tiefer hinein zu begeben und deinen Mitspielern mehr kreative Geschichten zu liefern, als nur eine persönliche Meinung des Spieleautors.
Also die Stärkung der gemeinsamen Erzählkultur, die ich mit der Entwicklung des Spiels verfolgen wollte, gibt dir die Möglichkeit, entweder den Autor zu fragen, wie er es sich gedacht hat oder in gewissem Rahmen zusammen mit deinen Mitspielern selbst Erzähler und kreativer selbstverantwortlicher Herr über das gemeinsame Spiel zu werden, wenn du das möchtest.
Genau hier befindet sich UltraQuest nämlich im Grenzland zwischen hartem Brettspiel und kreativem Rollenspiel und bietet dir Möglichkeiten mal so oder mal so zu spielen.
Das wird jetzt etwas länger, aber ich glaube es lohnt sich für das Verständnis der tieferen Spielprinzipien...
Es gibt bei der Sache zwei Dinge: Erstens die harten Spielregeln und zweitens die weichen Ereignistexte und ihre Interpretation.
Die Spielregeln sind möglichst logisch und unmissverständlich formuliert, deshalb haben sie auch mehr den Charakter unverrückbarer Gesetze, an die man sich halten muss, solange der Text eines Ereignisses dem nicht ganz konkret widerspricht. Regeln gelten generell, es sei denn sie werden im Rahmen eines Ereignisses durch eine Ausnahme außer kraft gesetzt.
In dem Fall hier begrenzt die 50er-Grenze also auf jeden Fall deine Aktionen im Wald. Wenn du es bis dahin nicht schaffst, musst du die Sache mit der Großmutter wohl oder übel begraben, denn das Ereignis erlaubt dir nicht, länger Ereignisse zu würfeln. Du darfst zwar auch nach 50 im Wald umherziehen, aber da du keine Ereignisse mehr auswürfeln darfst, wirst du die Großmutter logischerweise nicht erwürfeln können.
Der Ereignistext ist nicht ganz so beamtenmäßig formuliert und daher oft interpretationsfähig. Und das ist auch Absicht. UltraQuest soll die Spieler zwar führen aber dennoch ein klein wenig in die Richtung Geschichtenerzählen schubsen. Du musst den Text lesen, verstehen (bzw. interpretieren) und dann entsprechend reagieren. Dabei ist die Interpretation ein Vorgang, der nicht nur in deinem Kopf stattfindet, sondern auch den anderen Spielern, die am Tisch sitzen, klar gemacht werden muss. Du musst den anderen erklären, wie das für dich ablaufen könnte und diese Sache sollte so plausibel ein, dass die anderen dem auch folgen können. Wenn die anderen der Meinung sind, dass sich deine Interpretation nicht plausibel anhört (ihnen also nicht gefällt), dann muss man die Geschichte eben anpassen, bis alle (oder zumindest die meisten) die dabei sind, es plausibel finden. Das gemeinsame Spiel ist mehr oder weniger ein bisschen ein Einigungsprozess aller Anwesenden.
Ich versuche bei der Interpretation der Geschichte tendenziell eher zum Nachteil meiner eigenen Gruppe zu handeln, schon alleine deshalb, weil ich dann nicht den Eindruck eines ungerechtfertigten Erfolges habe und weil ich weiß, dass mehr Schwierigkeiten generell besser bei anderen ankommen.
Ich persönlich hätte jetzt also gesagt, Rotkäppchen verlässt den Wald nicht, schon alleine deshalb, weil sie ein braves Mädchen ist, und ihre Mutter ihr aufgetragen hat, die Großmutter zu besuchen! Für sie ist die Großmutter am wichtigsten und deshalb bleibt sie sicher im Wald. D.h. du verlierst Rotkäppchen, sobald du aus dem Wald rausgehst.
Außerdem hätte ich gesagt, dass bei 50 Ehre! in jedem Fall Schluss ist, Rotkäppchen hin oder her.
Aber das ist bei mir so. So funktioniert dein Spiel ja nicht. Du bist derjenige, der dein Spiel spielt – und die Leute, die mit dir am Tisch sitzen.
Du könntest z.B., wenn es dich für eine Runde woanders hin verschlägt, sagen, dass Rotkäppchen euch begleitet, weil das angesichts der Monster, die ihr letzte Runde besiegt habt, viel sicherer ist. Du könntest z.B. auch erzählen, dass Rotkäppchen zum festen Teil deiner Gruppe geworden ist, bis ihr die Großmutter gefunden habt, weil deine Elfenwaldläuferin sie unter ihre Fittiche genommen hat etc.
Du könntest auch auf den Ereignistext verweisen, dass du so lange im Wald bleiben und Ereignisse würfeln darfst, bis du die Großmutter gewürfelt hast (also auch über 50 Ehre!), weil es eben so im Text steht (bis die Großmutter gefunden wurde und nicht bis 50 Ehre!).
Das Spiel bietet dir Möglichkeiten, dich erzählerisch tiefer hinein zu begeben und deinen Mitspielern mehr kreative Geschichten zu liefern, als nur eine persönliche Meinung des Spieleautors.
Also die Stärkung der gemeinsamen Erzählkultur, die ich mit der Entwicklung des Spiels verfolgen wollte, gibt dir die Möglichkeit, entweder den Autor zu fragen, wie er es sich gedacht hat oder in gewissem Rahmen zusammen mit deinen Mitspielern selbst Erzähler und kreativer selbstverantwortlicher Herr über das gemeinsame Spiel zu werden, wenn du das möchtest.
Genau hier befindet sich UltraQuest nämlich im Grenzland zwischen hartem Brettspiel und kreativem Rollenspiel und bietet dir Möglichkeiten mal so oder mal so zu spielen.
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