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Idee! für die Ploterschaffung
#1
Mit Idee! lässt sich auch innerhalb kurzer Zeit ein Rollenspielplot bauen. Die hier vorgestellten Methoden sind teilweise an Legesysteme von Tarot-Karten angelehnt.

Wichtig ist immer, dass man vor dem Ziehen einer Karte eine Frage im Kopf hat, die sie beantworten soll. Damit wird der Kreativprozess im Hirn kanalisiert und kommt viel weiter (für die Informatiker: Tiefensuche statt Breitensuche).

Außerdem sollte man sich für jede Karte genug Zeit nehmen, bevor man die nächste zieht. Manche guten Ideen kommen nicht sofort, sondern erst nach einem Moment des Nachdenkens. Am besten legt man sich Zettel und Stift bereit und notiert gleich nach jeder Karte Orte, NSCs und Ereignisse, die einem dabei in den Sinn kommen.

Noch besser funktionieren diese Methoden, wenn man sie nicht alleine, sondern mit mehreren Leuten macht. Die eigenen Spieler sollte man dabei aber nicht nehmen, wenn man sie noch überraschen will :-)

Methode 1: Der Quickie

Mit dem Quickie kommt man sehr schnell zu einem einfachen Plot. Gut geeignet ist er für kurze One-Shots, und für Spielrunden, die wie typische Fernsehserien laufen: wichtig ist da eigentlich die Interaktion der Protagonisten, der Plot ist nur die Bühne, auf der alles abläuft.

Insgesamt werden beim Quickie drei Karten gezogen. Die erste Karte ist der Einstieg in die Geschichte (“darum geht es”), die zweite ist das Problem bzw. die Schwierigkeit, und die letzte ist die Einleitung zum Showdown.

Beispiel: wir ziehen einen Plot für eine Magus-Runde. Die Protagonisten sind Magier im heutigen Berlin, die in einer WG zusammenleben.

Karte 1: “Die Jungfrau” (aufmerksam/zu genau) (aufrecht gezogen)

Mir fällt dazu eine junge Magierin ein, die noch nicht weiß, was sie ist, deren Erwachen aber kurz bevor steht. Sie ist aufmerksam, bekommt also vieles mit, aber sie ist auch zu genau, will vielleicht nicht wahrhaben, dass es Dinge gibt, die sie mit Wissenschaft nicht erklären lassen. Sie hat Astrophysik studiert und promoviert an der FU Berlin. Ein Name fehlt noch. Im Sternbild “Jungfrau” gibt es einen Stern “Minelava” (auch auf der Karte abgedruckt), daraus mache ich “Meike Lafer”, und verpasse ihr noch einen Starkoch als Onkel.

Um sie wird es also gehen. Aber wie wird daraus ein Plot?

Karte 2: “Der Krebs” (wehrhaft/gefangen) (aufrecht gezogen)

Mit “gefangen” könnte es die klassische “Dame in Not” werden. Der Krebs ist auch wehrhaft, vielleicht ist es eine Bande, die sie ausrauben will, und sie wehrt sich instinktiv mit Magie, was die Geheimdienste auf den Plan ruft. Schließlich könnte es auch ein Stalker sein, oder etwas, was sie gefangen hat, sich jetzt aber zur Wehr setzt (hat sie einen Kampfhund aus dem Tierheim?). Noch weitere Assoziationen könnten über die Krankheit zu Wucherungen und Mutationen führen.

Mit Kenntnis der Spielercharaktere könnte man zu einem davon jetzt eine Verknüpfung ziehen (“deine Ex-Freundin”, “deine kleine Schwester”). Oder Meike flieht vor den Schlägern der Krebs-Truppe – oder dem mutierten Kampfhund – in die WG, die damit hineingezogen wird.

Je nach Spielgruppe reicht das schon aus, um sie mehrere Stunden zu beschäftigen. Jetzt bleibt nur noch die Frage, in welche Richtung sich das am Ende entwickeln könnte, sprich, welches Ereignis oder welche Person bei einer möglichen Auflösung beteiligt sein könnte.

Karte 3: “Der Adler” (präzise/abgehoben) (verkehrt gezogen)

Spontan muss da an einen hohen Magier denken, der schon etwas abgehoben ist. Wenn Not am Mann ist, kann er aber noch sehr genau zuschlagen. Eignet sich als “Magus ex machina”, wenn die Ereignisse um den Mutantenhund zu große Wellen schlagen. Da ich ihn verkehrt gezogen habe, bereite ich mich aber schon darauf vor, dass er zum Problem für die Charaktere werden kann. Nach einem Stern aus dem Adler nenne ich ihn “Meister Tarazed”, und natürlich hat er eine Hakennase. Wie genau er am Ende in die Geschichte kommt, und was er dann tun wird, lasse ich noch offen – das wird sich aus dem Spiel der Charaktere schon ergeben. Vielleicht ist es der Mentor einer der Charaktere, sie rufen ihn selbst um Hilfe, oder er erscheint, weil ihm die Ereignisse von seiner hohen Warte aus aufgefallen sind.

So, fertig. Die Karten habe ich tatsächlich während des Schreibens dieses Artikels gezogen.

Und wem das zu wenig Input ist, der möge bei Methode 2 weiter lesen (to be continued...)
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#2
Diese Methode lehnt sich an typische Hollywood-Drehbücher an. Ähnlich wie beim Quickie sind die entstehenden Plots nicht besonders tiefgründig, können aber eine Menge Spaß machen.

Und wieder gilt: Karten nicht zu schnell ziehen, vor jeder Karte eine Frage im Kopf haben, und nach jeder Karte ein paar Notizen machen.
[Bild: attachment.php?aid=1016]
Wir beginnen in der unteren Reihe mit der linken Karte.

  1. Worum geht es? Diese Karte gibt an, was das Kernelement des Plots werden soll
  2. Was ist das Problem? Wenn das Kernelement eine Person ist, könnte es ein Gegenspieler sein. Oder eine Bedrohung durch eine Naturkatastrophe, eine Erpressung durch eine Organisation, etc.
  3. Ausgangssituation. Wie kommen die Spielercharaktere in die Geschichte hinein? Wo beginnt das Abenteuer? Und warum?
  4. Drehbuchseite 20. Etwa auf dieser Seite haben typische Hollywooddrehbücher ihre erste überraschende Wendung. Worin besteht sie? Die Karte kann für ein Ereignis stehen, für eine Entdeckung, oder für eine weitere Partei, die sich einmischt.
  5. Drehbuchseite 90. Hier kommt die zweite überraschende Wendung, die letztendlich den Showdown einleitet. Das ist etwas, was die SL zwar in der Hinterhand hat, was aber nicht umbedingt geschehen muss - je nachdem, wie die Spielergruppe agiert. Aber gerade auf Cons, wo man eine fest Spielzeit hat, ist so ein Ereignis praktisch um etwa eine Stunde vor Spielende den Showdown einzuleiten.
  6. Showdown. Diese Karte sagt nicht, wie es ausgeht (das ergibt sich aus dem Spiel). Sondern sie dient dazu, die richtige Szene für den Showdown zu bestimmen, oder ein Element, was da eine große Rolle spielen könnte. Auch hier gilt: es kann sein, dass die Spieler etwas ganz anderes machen.

Ich halte es auch bei solchen Plots gerne mit den hervorragenden Tipps aus Dogs in the Vineyard: Follow the players' lead to what's important. Sprich, der vorbereitete Plot ist eine Möglichkeit, die Geschichte zu starten. Wie sie ausgeht, ist natürlich offen. Und selbstverständlich hindert niemand die SL daran, auch während des Spiels noch eine neue "Seite 90"-Karte zu ziehen.


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#3
Das Rollenspielmagazin Zunftblatt, Ausgabe 4.2/2010, Thema: "Engel und Dämonen" hat einen schönen Artikel über das Engel-Arkana-Spielsystem und was man sonst noch damit anstellen kann.

Sehr lesenswert sind dabei die Legetechniken - für NSC, ungewöhnliche Orte, Hintergründe und verschiedene Plotmuster. Funktionieren alle auch mit Idee!
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#4
Auf dem Sternenhimmel habe ich einen Workshop zu idee! angeboten, auf dem ich die Klassiker Ploterschaffung - Charaktererschaffung - Spielsystem vorgestellte und wir das auch gleich ausprobierten.

Dabei hatte Anja folgende Idee zur Kartenverwendung - bisher ungetestet, klingt aber spannend:

Für die Gestaltung einer großen Kampfszene präperiert die SL einen Stapel Karten und zieht dann für jede "Runde" oder strategische Aktion der Gegner eine Karte. Das sagt sie den Spielern auch, um die Spannung zu erhöhen.

Beispiel:
"Für das andere Heer ziehe ich jetzt 10 Karten zufällig und teile sie in zwei Stapel. Der erste Stapel ist "sauber", in den zweiten Stapel mische ich den Nadir - wenn der kommt, ist die Verstärkung da und ihr werdet gnadenlos baden gehen. Dann lege ich den ersten Stapel auf den zweiten und fange von oben an. Runde 1. Zieht doch mal eure Karten aus dem Reststapel."

Will man den Spielern den Nadir lassen, kann man natürlich auch jede andere Karte als die große Böse charakterisieren. Vielleicht ist es ja die, die bei der Ploterschaffung für die Partei der Gegner gezogen wurde.

Wenn die Spieler bis Runde fünf noch keinen Erfolg hatten, steigt natürlich die Spannung - sie können auf Risiko spielen und weitermachen, oder sich lieber zurückziehen ...

Falls so etwas mal jemand ausprobiert, bitte berichten!
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#5
Nach dem tollen gestrigen Gespräch mit Fermate auf dem GRT in Nürnberg, hatte ich versprochen mich hier zu melden.

Vor Zeiten habe ich mal eine (sehr) simple Methode zur Plotenwicklung mit den Karten des Erzählspiels "Es war einmal ..." entwickelt.
Dazu habe ich auch einen Blogeintrag geschrieben. Die untenstehende Beschreibung ist wahrscheinlich länger, auf dem Blog kann man sich aber Bilder anschauen. Wink


Ich bin mir sicher, dass man das auch irgendwie für Idee! adaptieren kann.
Wahrscheinlich muss man sich bloß ein Sortierungssystem für die Karten überlegen.


Da der Artikel recht kurz geraten ist, hier noch ein Teilweiser Ersatz:

Zu Beginn sucht man sich ein Themendeck (sowas hatte die alte Auflage aus dem Blogartikel noch nicht) aus.
Ich hab für das hiesige Beispiel gestern "Magische Märchen" aus der Erweiterung "Magische Märchen & Ritterliche Romanzen" gewählt.
Danach habe ich die Karten in 5 Stapel sortiert, nach ihrer Kartenart (Charaktere, Orte, Ereignisse, Dinge und Eigenschaften) und jeweils 2 davon gezogen.

Meine Karten:
Charaktere: Förster, Zwerg
Orte: Brücke, Unterirdisch
Ereignisse: Verwechslung, Herz gebrochen
Gegenstände: Schwerstarbeit, Besen
Eigenschaften: Arm, Schäbig gekleidet

Entgegen der ursprünglichen Kartenspielregeln versuche ich nun, alles in möglichst wenige Sätze zu packen und daraus einen Abenteuer-Aufhänger zu machen. Dabei ist wichtig: Von jeder Sorte Karten soll mindestens eine vorkommen. Die übrigen werden aussortiert.

Genommene Karten:Arm, Förster, Schwerstarbeit, Brücke, Unterirdisch, Verwechslung, Zwerg.

Ein armer Förster, der Tag für Tag Schwerstarbeit im Wald verrichtet "trifft" eines Tages sein verstorbenes Kind auf der Brücke. Nachdem es nicht reagiert folgt er ihm bis in eine unterirdische Höhle. Als sich das Kind umdreht, erkennt der Förster die Verwechslung. Ein Zwerg hat ihn hierher geführt.

Das ist der Ausgangspunkt. Über unsortierte, assoziierte W-Fragen wird daraus ein Abenteuer-Hintergrund:
Wie starb das Kind? Welche Schwerstarbeit verrichtet der Förster? Was liegt in der Höhle? Sind Zwerge gut oder böse? Hat der Zwerg den Förster absichtlich getäuscht? Wenn ja: Wozu? Wenn nein: Wie kam es zu der Verwechslung? Warum ist der Förster arm? Wie sieht die Brücke aus? Wie das Dörfchen? Die Hütte des Försters? Hat er noch mehr Familie oder war das verstorbene Kind sein letztes Angehöriges? Was macht der Förster in der Höhle? Welche Schätze und Gefahren lauern dort? Kommt er lebend zurück? Ist der Förster eine wichtige Person im Dorf? Sind die Dörfler auf den Förster angewiesen? Sind die Zwerge Freunde oder Feinde des Dörfchens? Weiß wer von den unterirdischen Kavernen?

Fragen führen zu Antworten, die wiederum zu Fragen führen, bis schließlich ein Abenteuerhintergrund und Aufgaben für die Spielercharaktere, ... entstanden sind. Kurz: Ein Abenteuer


... wenn man die Karten für ein z.B. Urban-Fantasy-Abenteuer benutzen will, dann muss man die einzelnen Karten vor den W-Fragen (und nach den gebildeten Sätzen) "konvertieren". Aus dem Förster, wird ein Polizist/Friedenshüter, der vielleicht schon von den "magischen Wesen" (Vampire, Magier) weiß. Die unterirdische Höhle könnten die U-Bahnschächte und andere Tunnel unterhalb der Stadt sein. Der Zwerg ein kauziger Obdachloser. Usw.


Wesentlicher Unterschied der Methode ist:
Es werden vor dem Ziehen gerade KEINE Fragen an die Karten gestellt.
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#6
Danke für die schöne Idee! Ich habe das Spiel, muss ich direkt mal ausprobieren.

(20.03.2016, 12:22)Athair schrieb: Wesentlicher Unterschied der Methode ist:
Es werden vor dem Ziehen gerade KEINE Fragen an die Karten gestellt.

Das stimmt - da die "Es war einmal"-Karten ja schon eine Zuordnung zu Charaktere, Orte, Ereignisse, Dinge und Eigenschaften haben.

Wer das Spiel nicht hat, kann das aber auch mit Idee umsetzen:

Mit idee!-Szenario könnte man zumindest einen Stapel für Charaktere und Orte machen. Einige der magischen Elemente (das letzte Drittel der idee!-Szenario-Karten) sind auch Dinge ("Der Zaubertrank", "Das Feengold"). Und Eigenschaften stehen auf idee!-Ad Astra direkt drauf, den Stapel könnte man also dafür nehmen.

Alternativ könnte man es mit der "Stell eine Frage, zieh' eine Karte"-Methode mit folgenden Fragen machen:

1. Was ist der erste Charakter?
2. Was ist der zweite Charakter?
3. Was ist der erste Ort?
4. Was ist der zweite Ort?
... usw.

Dabei würde man immer vom selben Stapel ziehen (ob Szenario oder Ad Astra ist dann egal) und zu jeder Karte die Antwort auf einen Zettel schreiben.

Danach könnte man dann mit deine Methode weiter machen.
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