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Zorn des Meenor - Kampagnentagebuch
#8
Das Feuer prasselte einladend und warm in dem mit eleganten Schmiedearbeiten verzierten Kamin. Der flackendernde Feuerschein warf sein mäanderndes Licht auf unzählige seltsame Objekte, die den Raum einer Schatzkammer gleich anfüllten. Fein gearbeitete Statuen von Göttern und Helden, in Leder gebundene Folianten, alte Waffen, beschlagene Kisten und verzierte Kästchen, Modelle von Schiffen und Krähnen, seltsame Steine und Mineralien und allerlei ausgestopfte Kreaturen bevölkerten die schweren Regale und Vitrinen und den großen Schreibtisch aus Kahlenberger Mooreiche. Den Parkettboden bedeckte zu großen Teilen ein Teppich aus den fernen Morgenländern. Die unzähligen Knoten dieses handwerklichen Meisterwerks formten das Bild einer Seeschlacht zwischen fremdländisch aussehenden Schiffen.
Der alte Mann in dem mit aufwendigen Schnitzereien verzierten Lehnstuhl sagte zum dem Diener, der den Kamin angefeuert hatte, "Johann, Sie können die Rasselbande nun hereinlassen.""Sehr wohl, Herr Schorz." 
Einige Augenblicke nachdem der Diener das Arbeitszimmer verlassen hatte flog die  Eichentür auf und einem Wirbelwind gleich stürmten drei Kinder in das geräumige Zimmer.
Die beiden Zwillinge Irina und Maren liebten das Arbeitszimmer ihres Großvaters und auch ihr kleiner Bruder Edwin bestaunte allzu gern all diese Zauberdinge, die alle seinem Großvater gehörten. Und das Allerbeste war, dass man alles anfassen durfte."Opa erzähl uns die Geschichte vom letzten Mal weiter, die mit den fliegenden Ziegen!."
Irina schaute ihren kleinen Bruder an und wollte dabei sehr erwachsen wirken. "Die Wagen sind doch gerade auf dem Weg nach Meyburg. Das mit den Ziegen ist doch schon vorbei." "Mmmh."antwortete Edwin um seine Unzufriedenheit über die Abwesenheit von fliegenden Ziegen zu bekunden.
In dem Moment öffnete sich die Tür und Johann trug ein Tablett mit drei Tassen mit heißer Schokolade mit Sahne und einer Tasse gefüllt mit Pefferminztee.
Der alte Mann sagte lächelnd: "Kinder setzt euch auf den Teppich und macht es Euch gemütlich."
"Ihr Tee, Herr Schorz", sagte Johann, als er den Tee auf dem Beistelltisch neben dem Lehnsessell drapierte.
"Danke Johann."sagte der alte Mann während er wiederholt Kandiszucker aus der fernöstlichen Dose in seinen Tee schaufelte. 
"Also wo war ich? Ach ja...

Nun an diesem Tag verlief die Reise recht ereignislos bis wir in die Nähe von Rastatt kamen. Die Strassen wurden breiter und der Wald lichtete sich und die Gefahr durch Räuber schien nun weniger groß, außerdem war es der sechste Tag der Woche und anscheinend arbeiten auch Räuber an diesem Tag nicht." 
"Wirklich?" fragte Irina etwas zweifelnd und zog die Augenbraue hoch. "Natürlich, aber wirklich verlassen sollte man sich darauf nicht. Denn wer ein Gesetz bricht, bricht auch das andere. Und weil allen langweilig war, haben wir das Lied vom lustigen Kutscher gesungen.""Mama sagt das sei ein unanständiges Lied." sagte Irina etwas ernst ,"aber ich mag es."
"Wollen wir das Lied singen?" fragte Edwin, dessen Mundbereich sich mittlerweile in einem satten Schokoladenbraun gefärbt hatte. "Ich singe zwar nicht so gut wie Tante Krimhild, aber einem lustigen Lied bin ich nie abgeneigt," sagte der alte Mann. Nachdem der letzte Refrain verklungen war und der lustige Kutscher das eine oder andere mehrdeutige Abenteuer erlebt hatte, fuhr der alte Mann fort von der lange vergangenen Reise zu erzählen, die wohl eine der wichtigsten seinen Lebens gewesen war. "Also gegen Abend, als man schon die gräfliche Poststation sehen konnte, wurden wir von einem jungen Burschen angesprochen. Er hieß Paul und gehörte zu einer Gruppe fahrenden Volks, die wohl in der Nähe kampierte. Er machte uns das Angebot zusammen mit seinen Leuten eine sichere Wagenburg zu bauen. Doch wir wollten uns zunächst nach den Konditionen in der Poststation erkundigen. Zudem ist dem fahrenden Volk nicht zu trauen.
Außerdem hatten wir ja den kostbaren Wein für den Marktgrafen dabei. Eine durchaus lohnende Beute für Wegelagerer und Tunichtgute. Und wie ihr wisst, Kinder, ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste. Schon kam uns aus Richtung der Poststation eine Wache entgegen und fragte allerlei Fragen wie es anständige Wachleute numal tun. Der Herr Ansbach ist auch gleich in die Station hineingegangen, begleitet von Max Staudenmeyer." Edwin hatte sich ein Messer aus einem der überfüllten Regale genommen und rief "Ich bin Staudenmeyer! Staudenmeyer! Staudenmeyer! Staudenmeeeeyer!" und fuchtelte mit dem Messer herum. "Üb nur schön mit dem Messer, du darfst es behalten." "Edwin darf noch kein Messer haben, sagt Mama." entgegnet Maren. Als ob der alte Mann nicht gehört hätte, was seine Enkelin gesagt hatte, schaute er lange eines der Gemälde an der holzgetäfelten Wand an. Das Gemälde zeigte einen ergrauten muskulösen Mann mit vernarbtem Gesicht in der Uniform eines Gardeoffiziers. Er hatte beide Hände auf den Knauf eines zweihändigen Schwerts gelegt. Unzählige Auszeichnungen und Sigillen schmückten die Rüstung des Offiziers. "Edwin, setz dich wieder hin und dann erzähle ich weiter." Edwin schaute sich verschwörerisch um und versteckte das Messer hinter sich, nachdem er es sich wieder neben seinen Schwestern auf dem Teppich bequem gemacht hatte. Die beiden Zwillinge beobachteten ihn dabei und konnten ihr Kichern nicht unterdrücken. Die gräflich Poststation und das angeschlossene Gasthaus machten einen guten Eindruck. Ich beschloss die beiden zu begleiten, doch Herr Ansbach bat mich auf die Wagen und die wertvolle Fracht achtzugeben. Damals fühlte ich mich geschmeichelt, aber heute weiß ich, dass er sich wohl eher um mein loses Mundwerk als um die Wagen sorgte. "Wie meinst Du das, Großvater?" fragte Irina. Doch der alte Mann lächelte nur und sagte eher zu sich selber: "Immer auf der Hut, aber ein gutes Herz." Die drei Kinder sahen ihren Großvater etwas verwirrt an." Und was ist dann passiert?" fragte der kleine Edwin ungeduldig.
"In der Gaststube beobachtete der Herr Ansbach wie ein geckig aussehender Mann mit Hut mit Silberbrosche und spitzem Schnurrbart auf sein Zimmer gebracht wurde, weil er sich daneben benommen hatte. Drinnen sprach Herr Ansbach mit dem Wirt, der Hugo hieß, wenn ich mich recht entsinne. Nach einigem Hin und Herr und dem Dafürhalten des Wachmanns durften wir umsonst im Stall übernachten. "Du hast im Stall übernachtet? Wieso habt ihr nicht im Gasthaus geschlafen?" fragte Maren. "Nun, damals mussten wir jeden Groschen umdrehen. Seid froh, ihr wißt gar nicht wie gut ihr es habt. Aber das heißt nicht, dass wir es nicht verstanden hätten zu feiern, denn an diesem Abend war es in diesem Stall lustiger als bei jedem hochherrschaftlichem Fest. Und ich war seit diesen Tagen auf so einigen Festivitäten, dass könnt ihr mir glauben. Wir sangen und tanzten. Wo man singt, da lass Dich ruhig nieder, böse Menschen kennnen keine Lieder und das ist gar nicht falsch. Herr Ansbach kümmerte sich auf eigene Kosten ums Essen. Das Feiern war nie so sein Ding. Das war Max`s Einsatz." "Staudenmeyer! Staudenmeyer!" rief Edwin erneut begeistert. Max wollte ein wenig die Umgebung auskundschaften und vielleicht mit den Zigeunern reden, um herauszufinden, was der falsche Haufen plante. Aber Herr Ansbach hatte ihm aufgetragen, die Ladung nicht aus den Augen zu lassen.
Aber Max wußte, dass sich Herr Ansbach manchmal nicht der taktischen Lage bewußt war und ging trotzdem die Gegend auskundschaften."
"Was ist eine taktische Lage, Opa?" fragte Edwin neugierig. "Na alles zusammen: der Ort, die Gegner die Situation, Nachteile, Vorteile und so weiter." Der kleine Junge schaute den alten Mann groß an und sagt "Aha!" Der alte Mann kniff ein Auge zu und nickte Edwin zu und der kleine Junge lächelte. "Aber nachdem Max die Gegend etwas ausgespäht hatte, stellte er fest, dass in der direkten Umgebung der Stadt kein Zigeunerlager zu finden war. Zum Glück konnte er Herr Ansbach überzeugen, dass er nur kurz mit dem Wachmann draußen geplaudert hatte. Der alte Ansbach hatt es einem nicht so leicht gemacht auf ihn aufzupassen. Ha! Hans, ein netter Hufschmied, hatte uns mit einer Bandage geholfen, eines der Pferde wieder gesund zu machen. 
"Ich mag Pferde," sagte Maren. "Ich auch," fügte Irina fast unmittelbar hinzu. "Morgen haben wir wieder eine Stunde bei Reitmeister Schiller," sagten die beiden Zwillinge fast wie aus einem Mund. 
"Aber am nächsten Morgen standen wir wieder wie eine Eins da - denn wer feiern kann, der kann auch arbeiten. Kurz vor dem Aufbruch begegnete uns auf dem Hof der Mann mit Hut und Bart aus der Gaststube, der sich so unhöflich verhalten hatte, dass man ihn am gestrigen Aben auf sein Zinmmer schickte.""Was war das für ein Mann?" wollte Edwin wissen. "Gute Frage - das erfuhren wir erst später. Also brachen wir im Morgengrauen an der Poststation auf, wie immer mit einem frölichen Lied auf den Lippen. Die Strasse war auf diesem zunächst letzten Stück unserer Reise von viel besserer Art, breit und ordentlich geflastert und am frühen Nachmittag konnten wir die Türme und Zinnen sehen. Schon damals war Meyburg eine prachtvolle Stadt. Das Schloss mit seinem angeschlossen Hafen, die vielstöckigen Bürgerhäuser und die mächtige Stadtmauer. Am Tor prangte das Wappen der Margrafen zu Meyburg. Das geviertelte Schild mit silbernem Fisch auf blauem Grund und der schwarzen Burg auf den goldenen Feldern des Wappens. Doch am sechsten Tag der Woche und da wir weder eingetragene Händler in Meyburg waren, noch die entsprechenden Papiere dabei hatten, denn die waren mittlerweile Fischfutter im Erbsburger Hafenbecken, wollte man uns zunächst nicht in die Stadt hineinfahren lassen. Aber nachdem wir den Wachen von der Wichtigkeit unseres Auftrags erzählt hatten und noch einen kleinen Obulus entrichtet hatten..."
"Was ist ein Obulus, Opa?" fragte Edwin. "So etwas wie eine extra Süßigkeit," sagte der alte Mann im Lehnsessel und grinste dabei. "Also, als das erledigt war, öffneten sich die Tore von Meyburg für uns. Glaubt es oder glaubt es nicht - damals wußten wir nicht wie der Markgraf wirklich hieß und deshalb fragten wir eine der Wachen. Wir erfuhren einen seiner Vornamen, der Wolfgang lautete."
"Ihr kanntet nicht die Namen des Markgrafen? " fragte Edwin verdutzt," ward ihr dumm?" Gleich nachdem er dies ausgesprochen hatte, biss er sich auf die Lippe, da er fürchtete seinen Großvater mit dieser frechen Frage verärgert zu haben. Doch anstatt zornig zu werden, begann sein Großvater fröhlich laut schallend zu lachen. Erst erschreckten sich die Zwillinge ein wenig doch das Lachen ihres Großvater war so ansteckend das bald alle zusammen ihrer Albernheit freien Lauf ließen. Der alte Mann wischte sich eine Freudenträne aus dem Augenwinkel und gab zu: "Nun ja, wir waren damals ziemlich dumm, aber das sollte sich zum Glück noch ändern. Wir fuhren auf schnellstem Weg zum Marktplatz, denn dort sollte sich das Handelshaus Weinhard befinden. Am Marktplatz angekommen, direkt gegenüber dem Gasthaus zum goldenen Hirsch gelegen, fanden wir das Haus, das wir suchten. Schon das prächtige mit Trauben und Reben geschmückte Schild wies jeden, der es sah, darauf hin, dass hier der bekannte Weinhändler Weinhard residierte. Uns empfing eine aufgeregte Frau, die sich uns als Frau Weinhard vorstellte. Als sie begriff, dass wir es waren, die den kostbaren Dubois-Wein transportierten, erzählte sie uns unter Tränen, dass ihr Mann vor kurzer Zeit verhaftet woden war. Denn  am heutigen Tag beliebte es dem Grafen ein Fest zu geben und der Wein auf unseren Wägen war genau dafür bestimmt gewesen. Da der arme Händler zum vereinbarten Zeitpunkt den Wein nicht vorweisen konnte, ließ der Markgraf ihn kurzerhand verhaften. Frau Weinhard, vor Aufregung zitternd, setzte sich auf den ersten Wagen neben den Herrn Ansbach auf den Kutschbock und im Gallop ging es zu dem Tor, das Richtung markgräfliches Schloss und Hafen führt. Zunächst wollten uns auch hier die Wachen nicht hindurchlassen, doch Frau Weinhard schrie die arbeitscheuen Wächter auf eine Weise an, dass diese das Tor öffneten als wäre ein Ungeheuer hinter ihnen her. Vor uns erhob sich das Schloss des Grafen, erbaut aus weißem Marmor und blau getünchtem Sandstein. Überall glänzten und glitzerten goldene Verzierungen und Einfassungen. Bald gelangten wir an ein prächtiges Tor, das die gleichen markgräflichen Farben aufwies. Die Wachen an diesem Tor waren von anderer Art als jene an den Stadttoren. Sie trugen polierte Plattenrüstungen mit silbernen Fischen als Verzierung, prächtige Hellebarden mit Gravuren und Helme mit blauen und gelben Federn. Nachdem wir uns erklärt hatten, bedeutete man uns zunächst zu warten. Es wurde nach dem Kallfaktor Schreiber und dessem Gehilfen geschickt. Frau Weinhard jedoch wurde des Ortes verwiesen. Zum Glück hatte der kluge Herr Ansbach auf die völlig aufgelöste Frau eingewirkt und so fügte sie sich still in ihr Schicksal.
Bald danach ließ man uns ein. Hinter dem Tor waren noch mehr Wachen und mir wurde ein wenig unheimlich. Was, wenn man uns nun auch verhaften würde? Aber wir waren frei von Schuld und hatten unser Bestes gegeben. Mit den niemals eiligen und doch gemessenen Schritten eines perfekten Diensboten eilte Herr Schreiber, der Buchhalter des Grafen, herbei. Und
nun begann die Inventur der transportierten Ladung. Herr Schreiber hatte beinahe an jeder Kiste etwas ausszusetzen, was uns noch mehr besorgte, selbst Krimhild war ganz still geworden. Obschon Herr Ansbach nun schon mehrmals darauf bestanden hatte, dass es uns nur um unsere Entlohnung ginge, waren seine Bemühungen dahingehend leider bis jetzt noch nicht erfolgreich gewesen. Stattdessen verkündete Herr Schreiber zu unser aller Entsetzen, dass die Lieferanten und das Liefergut zur Hilde gebracht werden müssten. Also fuhren wir die Wagen zum markgräflichen Pier, der genauso schön war wie die gesamte Anlage. Dort angekommen verluden etwa ein dutzend Diener die Kisten mit dem Wein von den Wagen in ein elegantes Lastenboot, welches von 10 gräflichen Ruderern bewegt wurde. Ein Kran diente zum Verladen des großen Weinfasses. Dies alles geschah mit beeindruckender Schnelligkeit und doch mit großer Sorgfalt. Und das Beste daran war, dass dies alles ohne unser Zutun passierte. Wir bestiegen den Lastenruderer, begleitet von Herrn Schreiber und seinem jungen Gehilfen. Dann nahmen wir Kurs auf eine Gruppe großer Segelschiffe, die sich etwa eine Meile vom Hafen entfernt auf See befanden. Doch als wir näher kamen, gaben die sich bewegenden großen Segler den Blick auf etwas Unglaubliches frei. Da war sie - die Hildegard. Aber war das noch ein Schiff?? Die bereits riesigen Segelschiffe wirkten wie Spielzeug neben diesem Leviathan. Ich wurde unweigerlich an das Seeungeheuer erinnert, von dem die Rosiner erzählt hatten. Es war, als hätte jemand eine Burg auf einen gewaltigen Bug gesetzt. Wehrtürme, Schießscharten, ein gewaltiges Rad an der Seite des Schiffes, Kräne und Belagerungswaffen. Wie eine schwimmende Stadt sah sie aus, die Hildegard.
Ehrfürchtig wurde mir bewusst, was der Mensch fähig ist, zu erschaffen. Herr Schreiber erklärte uns, dass eine gehörige Portion Magie beim Bau des Kolosses von Nöten war und das auch beim Betrieb arkane Mächte im Spiel seien. Wir aber standen nur mit offenen Mündern da und staunten über dieses gewaltige Schiff." "Und dann?" fragten die drei Kinder fast unisono.
Der alte Mann erwiderte mit einem Augenzwinkern:"Das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden."
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RE: Zorn des Meenor - Kampagnentagebuch - von Der_lustige_Lurch - 23.07.2021, 01:31

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