Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Das "andere" Rollenspiel
#61
Gute Frage. Mir fällt darauf spontan keine Antwort ein. Das liegt wohl daran, dass man sich ohne konkrete Bäume schwer einen Wald vorstellen kann. Es fehlt noch das konkrete Material, das zu ordnen wäre. Also werfe ich einfach ein paar Puzzlesteinchen in die Runde:

Rohstoffe (Holz, Eisen) können nach ihrer Menge geordnet werden. Je mehr, desto besser. Rohstoffe durchlaufen in der Regel eine Reihe von Verarbeitungsprozessen. Das Gestein der Mine muss 1) abgetragen werden, 2) zum eigentlichen Eisen weiterverarbeitet werden, 3) das Eisen dann zu Gütern weiterverarbeitet, die 4) verkauft, eingesetzt oder in weitere Produktionsschritte eingebunden werden.

Je mehr Produktionsschritte dranhängen, desto besser, weil es die Wirtschaft ankurbelt. Die Steuern fließen, das Leben brummt. Je mehr dieser Produktionsschritte außerhalb meines Einflussbereichs sind, desto schlechter. Wenn in meinem Dorf das Erz abgebaut wird, dann auf Wagen verladen und von Händlern zur Weiterverarbeitung in das nächste Dorf gefahren werden, ist das schlecht für mich. Ich profitiere dann nur von einem Arbeitsschritt, während das Nachbardorf sich an zwei oder drei Verarbeitungsschritten gütlich tut.

Fachkräfte sind somit ein Faktor. Wenn ich Ressourcen und weiterverarbeitende Fachkräfte unter meinem Dach habe, gibt das wirtschaftliche Macht.

Je nach gesellschaftlichem Stimmungsbild werden bestimmte Ressourcen begehrter. In Kriegszeiten sind Eisen und eisenverarbeitende Industrie besonders begehrt. Wer diese kontrolliert, hat in Kriegszeiten größeren Einfluss.

Die Nachfrage ist ein Faktor. Wie sehr werden meine Ressourcen nachgefragt? Kann man auf sie verzichten? Kunst z. B. kann mich nur in guten Zeiten reich und einflussreich machen. In Krisenzeiten sinkt der Wert von Kunstressourcen drastisch.

Armee ist eine militärische Ressource. Hier sind enorme laufende Kosten zu berücksichtigen. Diese Investition lohnt sich nur (und soll sich regeltechnisch nur dann lohnen), wenn die Armee zur Erbeutung von Ressourcen oder zum Machtausbau/Machterhalt genutzt wird.

Vieles hängt von der Zivilisationsstufe ab. Stehende Heere sind wohl erst ab einer gewissen Produktivitätsrate möglich. Schließlich müssen die potentiell besten Arbeitskräfte (gesunde junge und erwachsene Männer) der Wirtschaft abgezogen werden.

Untergebene können glaube ich nach dem Anteil der wirtschaftenden Fachkräfte und (je nach Zivilisationsstufe) nach militärischer Einsatzstärke klassifiziert werden. Beide Klassen kann man ausdifferenzieren. Bauern mögen weniger wert sein als Rüstungsschmiede. Gerüstete Reitertruppen sind mehr wert als Fußsoldaten. Bei den Fachkräften ist vermutlich die (notwendige) Ausbildungsdauer entscheidender Faktor, der den Wert bestimmt. Bei den Soldaten ebenfalls, plus die Ausrüstung, die in Materialwert gemessen werden kann.

Vielleicht ist das Verhältnis von Angebot und Nachfrage ein wichtiger Faktor für die Regeln. Beides müsste bestimmt werden. Indem man das eine oder das andere über die Zeit verändert, ergeben sich Dynamiken. Wenn ich eine Erzmine habe und Fachkräfte will, die vor Ort weiterverarbeiten, kann ich Fachkräfte anlocken. In meinem Dorf kurbelt das die Wirtschaft an, woanders lähmt es die Wirtschaft. Während ich mächtiger geworden bin, hat ein anderer an Macht verloren. Ja, Ressourcen und Macht müssen fließen, das ist wichtig.
Zitieren
#62
Jetzt verstehe ich in vollem Umfang worauf das hinausläuft. Ich schätze das werden ziemlich viele Tabellen, die in kleiner Schrift nur noch schwer auf eine A4-Seite passen. Oder man grenzt das Spiel auf ein sehr enges Setting ein - was aber nicht so nach deinem Wunsch klingt.

Oder man löst das Ganze vielleicht eher abstrakt - also so, dass die Spieler erst zum Zeitpunkt des Erstellens einer Recource anhand abstrakter aber umfassender Regeln die konkreten Werte festlegen. Ich weiß nicht, ob das dann immer noch so ist, wie es sein soll.
Bemalte Minis 2013: 39 • 2014: 23 • 2015: 58 • 2016: 44 • 2017: 104 • 2018: 5 • 2019: 122 • 2020: 140 • 2021: 52 • 2022: 231 • 2023: 49...
Zitieren
#63
Letzteres scheint mir am ehesten zu passen.

Zweifellos läuft es auf etwas sehr komplexes hinaus. Aber komplex muss nicht kompliziert in der Anwendung sein! Ich muss die entscheidenden Punkte treffen und sie intelligent vernetzen. Das spüre ich und habe es in Form von abstrakten Bildern vor Augen.

Ein Auto ist etwas unglaublich komplexes. Wenn man es verstehen und entwickeln will, muss man viele Jahre des Studiums und der Arbeit investieren. Das Auto anzuwenden ist dagegen sehr leicht. Das ist die passende Metapher für meine Bemühungen. Ich als Entwickler muss unglaubliches vollbringen, damit am Ende der Spieler ein komplexes und dennoch leicht zu bedienendes Produkt von sehr hohem Wert bekommt.
Zitieren
#64
Auf deutsch sind die Schnellstartregeln für das Game of Thrones Rollenspiel erschienen. Ich habe sie mir geholt, weil da Intrigenregeln drin sind.

Der Begriff ist etwas irreführend. Was da Spiel mit "Intrige" bezeichnet, ist der gleiche Mechanismus wie für Kampfregeln. Es gibt Angriffs- und Paradewerte sowie Gelassenheit, ein Lebenspunkte-Äquivalent. Eine Runde nennt sich Wortwechsel. Wenn ich auf jemanden einwirken will, egal in welcher Weise, kommt dieser Mechanismus zur Anwendung, das gleiche Spiel wie bei Kampfregeln. Beispiel: ich möchte jemanden verführen. Oder ich möchte mit einem Händler um den Preis der Waren feilschen. Das ist natürlich himmelweit entfernt von Intrigen, wie sie George Martin in seinen Romanen spinnt.

Die Intrigenregeln haben auch Parallelen zu den Konzepten in diesem Thread. So gibt es "Gesinnung" zwischen Charakteren. Hier im Thread wurde es unter "Beziehung" diskutiert. Die Gesinnung reicht von zugeneigt (=Liebe) bis bösartig (=Feind). Dem Gesinnungswert sind ein Täuschungsmodifikator und ein Überredungsmodifikator zugeordnet. Feinde kann man besser täuschen als Freunde, Freunde kann man besser überreden als Feinde.

Manche Manöver des Intrigensystems haben zum Ziel, auf die Gesinnungsskala einzuwirken, ob positiv (schmeicheln, verführen) oder negativ (aufstacheln, verspotten). Das finde ich toll.

Für "Intrigen" gibt es außerdem Ziele. Was will man erreichen, wenn man eine "Intrige" beginnt? Folgende Ziele bringen die Regeln schon mit:
- Dienst: Meine Zielperson soll etwas für mich tun.
- Freundschaft: Die Beziehung zu meiner Zielperson soll sich verbessern (kann z.B. vorbereitend für das Ziel "Dienst" dienen).
- Informationen: Ich will der Zielperson wichtige Informationen entlocken.
- Irreführung: Meine Zielperson soll meinen (falschen) Informationen glauben.

Das ist soweit schön und gut. Die Regeln ziehen in die gleiche Richtung, wie ich es auch will. Noch nicht mit der letzten Konsequenz, aber die Richtung stimmt. Mir fehlt noch die Verbindung zu den Strukturen der Spielwelt. Erst damit könnte man echte Intrigen systematisch einfädeln. Ob das Hauptregelwerk da etwas zu bieten hat? Ich bin gespannt.
Zitieren
#65
(29.05.2013, 11:59)Beral schrieb: ... Ich als Entwickler muss unglaubliches vollbringen, damit am Ende der Spieler ein komplexes und dennoch leicht zu bedienendes Produkt von sehr hohem Wert bekommt.
Ja, das ist das, was ich als "elegante Regeln" bezeichnen würde.
Das ist harte Arbeit und setzt voraus, dass man sich immer wieder von festgetretenen Pfaden entfernt - auch von den eigenen.
Ich bin gespannt, wie du das löst.

In deinem Fall musst du vielleicht auch aufpassen, dass es nicht zu wissenschaftlich wird. Smile

Das Intrigensystem von Game of Thrones hört sich tatsächlich interessant an.
Du hast damit aber selbst auch noch keine Spielerfahrung gemacht, oder?
Bemalte Minis 2013: 39 • 2014: 23 • 2015: 58 • 2016: 44 • 2017: 104 • 2018: 5 • 2019: 122 • 2020: 140 • 2021: 52 • 2022: 231 • 2023: 49...
Zitieren
#66
Nein, keine eigene Erfahrung. Ich bezweifle auch, ob es in naher Zukunft dazu kommt. Das Probeabenteuer im Heft ist grausig und bietet keine Ansatzpunkte für echte Intrigen. Räuber im Wald und die üblichen Kampfregeln interessieren mich nicht die Bohne.

Ich wollte nicht meckern, als ich meinen ersten Eindruck kund tat, aber in Wahrheit bin ich nicht begeistert. Die wichtigsten Probleme, vor denen ein SL bei der Abenteuergestaltung steht, werden durch die Intrigenregeln von GTRS nicht gelöst. Man verkauft ein Auto, das aus vier Rädern und Karosserie besteht. Den Motor darf der SL selbst entwickeln. Na danke...

Ich schließe nicht aus, dass das Hauptregelwerk da mehr bietet und will kein abschließendes Urteil anhand der Schnellstartregeln fällen.
Zitieren
#67
Das hatte ich falsch verstanden. Ich dachte du findest das gut.
Aber ja, ein Auto ohne Motor ist halt dann doch höchstens eine bessere Seifenkiste.
Bemalte Minis 2013: 39 • 2014: 23 • 2015: 58 • 2016: 44 • 2017: 104 • 2018: 5 • 2019: 122 • 2020: 140 • 2021: 52 • 2022: 231 • 2023: 49...
Zitieren
#68
Ich finde die Regeln insofern gut, als sie eindeutig einen Schritt in die richtige Richtung tun. Ich bin insofern nicht zufrieden, als da mindestens noch ein weiterer Schritt bis zum funktionalen Produkt fehlt.
Zitieren
#69
(29.05.2013, 23:32)Beral schrieb: Ich schließe nicht aus, dass das Hauptregelwerk da mehr bietet und will kein abschließendes Urteil anhand der Schnellstartregeln fällen.

Das englische Hauptregelwerk hat über Intrigue auch nur 12 Seiten.
Ich würde aber ggf teile der Charactererschaffungsregeln noch dazu in betracht ziehen, nicht unbedingt die eigentlichen Chars sondern die Regeln zur Erschaffung des Haushaltes, also dem Adelsgeschlecht zu welchem die Spielerfiguren erstmal gehören sollen. das wird zumindest für den Anfang vorgeschlagen das alle Figuren dem gleichen Adels-Haus angehören

Aber hab das nur überflogen da ich wohl derzeit eh weit und breit keine Gruppe dafür finden werde,... es sei den auf der RPC wenn der Manticor Verlag es da vorstellen wird. Regelmechanismen interessieren mich da eh nicht gar so sehr.
Zitieren
#70
(30.05.2013, 03:20)Unicum schrieb: Ich würde aber ggf teile der Charactererschaffungsregeln noch dazu in betracht ziehen, nicht unbedingt die eigentlichen Chars sondern die Regeln zur Erschaffung des Haushaltes, also dem Adelsgeschlecht zu welchem die Spielerfiguren erstmal gehören sollen.
Auf die Hauserschaffungsregeln bin ich sehr gespannt. Mit etwas Glück sind gute Anregungen und Ideen für mich dabei.

Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste